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Aktuelles von der Partnerschaft

Das Château d'Anet und ein Besuch im Kammmuseum in Ezy sur l'Eure

Unsere Reise näherte sich schon wieder dem Ende aber unsere französischen Freunde hatten für den letzten Tag weitere interessante Themen ausgesucht.
Am Morgen besuchten wir das Schloss von Anet, ein Schloss, das ein König seiner Mätresse baute. Aber wir müssen etwas ausholen. Franz I. von Frankreich hatte gewisse Probleme mit dem Habsburger Karl V., den kennen wir, bei dem ging die Sonne nicht unter (kleines Problem wenn man Alkohol nur nach Sonnenuntergang trinken will). Franz hatte seine 1. Schlacht im schülerfreundlichen Jahr 1515 (Bataille de Marignan) gewonnen, hatte aber nicht immer so viel Glück. Bei einer der Schlachten wurde er gefangen, musste einem Friedensvertrag zustimmen und seine beiden Söhne als Geiseln für Wohlverhalten übergeben. Franz verhielt sich nicht wohl, die Kinder wurden nicht standesgemäß behandelt und erst nach 6 Jahren gegen hohes Lösegeld freigekauft. Der Thronfolger verstarb früh und so wurde der jüngere Sohn Heinrich Thronfolger. Er hatte psychische und andere Probleme (unter anderem trank er keinen Wein) und sein Vater beauftragte eine junge Witwe, ihn mit den Gepflogenheiten des Hoflebens vertraut zu  machen.

Schloss Anet, Portalanlage
Schloss Anet, Portalanlage
Schloss Anet, Rückansicht Kapelle, Skulptur Diana mit Hirsch
Schloss Anet, Rückansicht Kapelle, Skulptur Diana mit Hirsch

Diese junge Witwe war Diana und sie fasste den Rahmen der Gepflogenheiten ziemlich weit und lehrte den jungen Thronfolger alles, was ein junger Edelman wissen und beherrschen sollte, was auch das Schlafzimmer mit einbezog.  Aus diplomatischen Gründen wurde Heinrich mit einer Verwandten des Papstes verheiratet, Katharina von Medici. Katharina war nicht sonderlich attraktiv und Diana konnte ihre Stellung als Mätresse des Thronfolgers festigen, auch wenn sie 20 Jahre älter war. Nach der Thronbesteigung 1547 machte der König, jetzt Heinrich II. ihr wertvolle Geschenke, wenn er nicht gerade Krieg gegen Karl V. oder später dessen Sohn führte, unter anderem finanzierte er den Neubau des Schlosses von Anet. Obwohl große Teile des Schlosses zerstört wurden so geben doch die verbliebenen Teile, wie z.B. die Portalanlage einen Eindruck von der Pracht. Diana war mehr als 25 Jahre lang die einflussreichste Frau im Königreich. Überall findet man die Hinweise auf Diana, Skulpturen der Göttin Diana, gerne mit Hirsch, der Halbmond als Zeichen der Göttin, ihre verschlungenen Initialen, einige Initialen als D und H, interpretierbar als Hinweis auf Heinrich II. und manche Besucher erkennen neben dem D und dem H auch noch ein C  - Diana, Henry, Catherine - und vermuten, wahrscheinlich fälschlicherweise - hier einen Hinweis auf eine "Menage à trois". 

Die spiralförmige Kassettierung der Kuppel der Kapelle
Die spiralförmige Kassettierung der Kuppel der Kapelle
wird im Boden wieder aufgegriffen
wird im Boden wieder aufgegriffen

Der König starb jung an den Folge eines Turniers, Diana zog sich vom Hof zurück und starb mit 65 Jahren an den Folgen eines Reit-/ Jagdunfalls. Andere Stimmen behaupten, dass verjüngende Mittelchen, Rezepturen der Alchemie, die unter anderem Gold enthielten, für den Tod von Diane verantwortlich waren. Dass Diane derartige Mittel eingenommen hat (Danziger Goldwasser?), ist belegt: als ihre sterblichen Überreste gefunden und identifiziert wurden, konnten erhebliche Mengen des Edelmetalls nachgewiesen werden.
So, das war jetzt mal wieder unterhaltsame französische Geschichte, für uns mittels Karl V. zeitlich mit unserem Schulwissen verknüpft, wo wir den Herrn bei Reformation, Schmalkaldischem Krieg und Beginn der Gegenreformation abgelegt hatten - nicht zu vergessen, dass in seinem Reich die Sonne nicht unterging.
Wir hatten uns das Mittagessen verdient. Am Nachmittag ging es dann in die nähere Vergangenheit. Wir besichtigten in Ezy sur l’Eure, dem Zentrum der französischen Kammherstellung, ein Kammmuseum in den Räumlichkeiten einer Kammmanufaktur.

Meisterlich gefertigte Kämme und andere Hornutensilien
Meisterlich gefertigte Kämme und andere Hornutensilien
Das Ausgangsmaterial für die Hornkämme
Das Ausgangsmaterial für die Hornkämme

Viele von uns kannten noch Hornkämme, im Unterschied zu Plastikkämmen, hatten sich aber nie Gedanken gemacht, wie sie hergestellt werden. 
In alten Filmdokumenten konnten wir sehen, wie Tierhörner aufgeschnitten und geglättet wurden , wie die Form grob ausgeschnitten wurde, wie die Zähne einzeln gesägt wurden, dem Kamm seine endgültige Form gegeben wurde und dann wurde poliert und poliert und poliert und…. Man fragte sich, wie bei dem erforderlichen Zeitaufwand für handelsübliche Hornkämme auskömmliche Preise erzielt werden konnten.

Arbeitsplatz auch für die Heimarbeit
Arbeitsplatz auch für die Heimarbeit
Maschinenhalle
Maschinenhalle

Beim Betrachten der Arbeitsplätze und der Arbeitsumgebung kamen uns dann doch einige Fragen zu Kinderarbeit, Arbeitszeit, Arbeitssicherheit, Lärmschutz, auch wenn wir bedachten, dass an diesen Maschinen 1984 noch gearbeitet wurde und wir freuten uns, dass sich die physischen Arbeitsbelastungen inzwischen doch erheblich verbessert haben.

Zuhause mussten dann schon die Koffer gepackt werden, die Woche in Les Essarts war schon wieder vorbei. Es war wieder ein tolles Programm, wir haben viel gesehen und viel erlebt. Schön war aber auch das Zusammensein mit unseren französischen Freunden. Am Samstagmorgen beim Abschied werden wieder Bizes, Bisous und sonstige Küßchen getauscht, man bittet, die, die nicht dabei sein konnten zu grüßen und man verspricht, sich im nächsten Jahr auf jeden Fall zu treffen. 

Es war wieder eine erlebnisreiche Woche in sehr netter Gesellschaft. Vielen Dank Les Essarts le Roi, vielen Dank Comité de Jumelage, vielen Dank chers amis - et à la prochaine.